28.11.2024
Erstmalig in Österreich: Herztransplantation trotz inkompatibler Blutgruppe
Am AKH Wien und der MedUni Wien wurden in den vergangenen 40 Jahren insgesamt 1800 Herztransplantationen durchgeführt. Eine davon stellt jedoch einen besonderen Meilenstein dar: Es handelt sich um die erste erfolgreich durchgeführte AB0-inkompatible Herztransplantation bei einem Kleinkind in Österreich. Dem knapp einjährigen Patienten wurde ein Spenderherz transplantiert, das nicht seiner Blutgruppe entspricht. Die Umsetzung dieses hochkomplexen Eingriffs war nur dank der jahrelangen Vorbereitungen, der Expertise von zehn multidisziplinären Teams aus AKH Wien und MedUni Wien sowie der kontinuierlichen Unterstützung von Lori West, der Entwicklerin der angewandten Technologie, möglich.
Der Erfolg einer Herztransplantation mit AB0-inkompatiblem Spenderherz hängt entscheidend von einer geringen Anzahl an Antikörpern gegenüber der Blutgruppe ab, die das transplantierte Herz abstoßen könnten. Der Eingriff wurde bei einem Kleinkind unter zwei Jahren durchgeführt, da in diesem Alter nur sehr wenige Antikörper gegen andere Blutgruppen gebildet werden. Dennoch ist es notwendig, diese Antikörper sowohl während der Operation als auch in der Nachbehandlung gezielt zu entfernen, um den Erfolg der Transplantation sicherzustellen. Dies gelingt mithilfe einer speziellen Filtertechnologie, die von der Kanadierin Lori West entwickelt wurde. Während der Transplantation werden die Antikörper durch den Filter in der Herz-Lungen-Maschine selektiv entfernt. Im Rahmen des stationären Aufenthalts nach der Operation werden die Antikörper laufend überwacht und bei Bedarf erneut gefiltert.
Die erfolgreiche Umsetzung dieses Verfahrens erforderte eine intensive und langjährige Vorbereitung. Über einen Zeitraum von fünf Jahren entwickelte eine Kerngruppe, bestehend aus Nina Worel (Universitätsklinik für Transfusionsmedizin und Zelltherapie), Johann Horvat (leitender Kardiotechniker und Transplantationskoordinator) und Andreas Zuckermann (Universitätsklinik für Herzchirurgie), ein detailliertes Protokoll, welches Schrittweise eingeführt wurde. Während dieser Zeit standen die Beteiligten in ständigem Austausch mit Lori West sowie der Herzchirurgie des Great Ormond Street Hospitals in London. Durch diese enge Zusammenarbeit konnten sie sowohl das notwendige Wissen als auch die Technologie erfolgreich übernehmen und anpassen.
Herausragende medizinische Leistung dank multidisziplinärer Kooperation
Kooperationen zwischen verschiedenen Teams sind für die MedUni Wien und das AKH Wien keine Seltenheit, doch in diesem Fall war die Zusammenarbeit außergewöhnlich. „Dank akribischer Vorbereitung, enger Abstimmungen und gebündelter Expertise konnten wir zeigen, dass wir ein führendes Zentrum für Kindertransplantation sind – und dadurch einem kleinen Kind eine neue Lebensperspektive schenken. Diese erste erfolgreiche Durchführung wird zukünftig für viele Kleinkinder mit Herzfehlern eine immense Verbesserung darstellen, da wir durch diese Transplantation ihr Leben retten können“, betont Andreas Zuckermann, Leiter des Herztransplantationsprogramms.
Der junge Patient ist mittlerweile soweit wohlauf und hat seine erste ambulante Kontrolle erfolgreich absolviert – vor allem für seine Familie eine enorme Erleichterung. „Was dieses Team geleistet hat, kann man nur verstehen, wenn man selbst in so einer Situation war,“ sagt Sabine G., die Mutter des Jungen. „Von Anfang an wurde mein Sohn mit so viel Liebe und Führsorge behandelt. Alle haben alles darangesetzt, damit diese Operation möglich wird, und uns bei jedem Schritt unterstützt. Es gibt keine Worte, um meine Dankbarkeit auszudrücken. Mein Sohn ist heute voller Lebensfreude und macht jeden Tag Fortschritte – ein wahres Geschenk.“
Die beteiligten Gruppen, die zu diesem Erfolg maßgeblich beigetragen haben:
1) Kinderkardiologie (Ina Michel-Behnke und Sabine Greil, Erwin Kitzmüller, Andreas Hanslik)
2) Kinderherzchirurgie (Peter Murin, Erhan Urganci, Clemens Atteneder, Daniel Zimpfer)
3) Kinderherzanästhesie (Eva Base, Edda Stefan Hornykewycz, Thomas Wasserscheid, Pio Cappezone, Edda Tschernko)
4) Blutgruppenserologie, Transfusionmedizin (Nina Worel, Günther Körmöczi, Antonia Müller)
5) Transplantationskoordination (Johann Horvat, Iyrina Skoblenko, Caroline Hellriegel)
6) PICU (Kinderintensivstation: Gerald Schlager, Francesco Cardona)
7) Kinder-Nephrologie - Pherese (Thomas Müller-Sacherer, Klaus Arbeiter Dagmar Csaichsich, Christoph Aufrecht)
8) Kardiotechnik (Harald Schwingenschlögel und Team)
9) OP-Pflege Kinderherzchirurgie, Anästhesiepflege Herz-Thorax-Gefäßchirurgie, Intensivpflege PICU, Pflege Intermediate Care Ebene 8 Kinderkardiologie
10) HTX-Team (Andreas Zuckermann, Alissa Florian, Arezu Aliabadi-Zuckermann)